Programm der Uwe Johnson-Tage 2025

Die UWE JOHNSON-TAGE 2025 finden vom 22. September bis zum 14. November statt.

Wir laden Sie herzlich ein zur Veranstaltungsreihe der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. und der Barlachstadt Güstrow gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und der Gentz Rechtsanwälte und Notare.

PROGRAMM (hier als PDF abrufbar)

Montag, 22. September 2025
Regionalbibliothek
Marktplatz 1 | 17033 Neubrandenburg
19.00 Uhr
Eröffnung der Uwe Johnson Tage 2025
durch PROF. DR. CARSTEN GANSEL,
Mecklenburgische Literaturgesellschaft e.V.,
und DR. TILMANN WESOLOWSKI,
Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow

„Lichtungen“ – Lesung und Gespräch mit IRIS WOLFF
Uwe Johnson-Preisträgerin 2024
Moderation: CARSTEN GANSEL

Dienstag, 23. September 2025
Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow
Am Wall 2 | 18273 Güstrow
19.30 Uhr
„Lichtungen“ – Lesung und Gespräch mit IRIS WOLFF, Uwe Johnson-Preisträgerin 2024
Moderation: TILMANN WESOLOWSKI

Iris Wolffs Roman „Lichtungen“ setzt vergleichbar ein wie Uwe Johnsons „Mutmassungen über Jakob“ (1959), nämlich mit dem Ende. Die Hauptfiguren Lev und Kato finden sich nach vielen Jahren wieder. Nun wird von der Kindheit und Jugend der Protagonisten im sozialistischen Rumänien erzählt. Es ist dies – wie bei Johnson – eine Spurensuche, in der es darum geht, erzählend, „eine Wirklichkeit, die vergangen ist, wiederherzustellen“. Dabei wird offenbar, auf welche Weise die Zeitläufte in das Leben des einzelnen eingreifen und es zu Brüchen in der Biographie gekommen ist. Es geht um Menschen, denen eine Nationalität staatlich zugeschrieben wird, die sich aber eher Landschaften, Sprachen, Bildern zugehörig fühlen. „Lichtungen“ ist auch ein Roman, der dem literarisch nachfragt, was Heimat sein kann oder ist. (Aus der Jurybegründung)

Donnerstag, 25. September 2025
Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow
Am Wall 2 | 18273 Güstrow
19.30 Uhr
„Das Wohlbefinden“ – Lesung und Gespräch mit ULLA LENZE
Moderation: TILMANN WESOLOWSKI

Ulla Lenzes ambitionierter Roman über drei sehr verschiedene Frauenfiguren spielt in der Lungenheilstätte Beelitz, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor den Toren Berlins für die Arbeiterklasse errichtet wurde. Die Arbeiterin Anna Brenner besitzt anscheinend die Gabe der Hellsichtigkeit und schart eine immer größer werdende Anhängerschaft um sich. Auch die Schriftstellerin Johanna Schellmann wird auf sie aufmerksam und es beginnt eine letztlich unglückselige Verbindung der beiden Frauen … Die Instrumentalisierung des Übersinnlichen wird mit Familiengeschichte und weiblicher Emanzipation zu einem Stückchen literarisch aufgearbeiteter Kulturgeschichte verwoben.

Ulla Lenze, 1973 in Mönchengladbach geboren, studierte Musik und Philosophie in Köln. Für ihre Romane wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Ihr Roman „Der Empfänger“ (2020) wurde in elf Sprachen übersetzt. Im Frühjahr 2023 hatte sie die renommierte Max-Kade-Gastprofessur am Dartmouth College (USA) inne. Ulla Lenze lebt in Buckow in der Nähe von Berlin.

Freitag, 26. September 2025
Schauspielhaus | Probebühne
Pfaffenstraße 22 | 17033 Neubrandenburg
19.00 Uhr
Verleihung des Uwe Johnson-Förderpreises 2025
an KURT TALLERT für „Spur und Abweg“

Grußwort: NICO KLOSE, Oberbürgermeister
Laudatio: DR. ANNETTE LEO, Historikerin und Publizistin

Lesung und Gespräch mit dem Preisträger
Moderation: MICHAEL HAMETNER

Donnerstag, 2. Oktober 2025
Stadtarchiv
Marktplatz 1 (Eingang Darrenstraße) | 17033 Neubrandenburg
19.00 Uhr
„Aus dem (verschwiegenen) Innenleben der DDR“ – ARAM RADOMSKIS Filme und der Weg zur Wende
Moderation: CARSTEN GANSEL

Die bedeutende Großdemonstration am 9. Oktober 1989 in Leipzig war so etwas wie eine Initialzündung für den Herbst 1989 und die Wende. Eine breite Öffentlichkeit erfuhr von dieser Demonstration, an der nach ersten Schätzungen 70.000 Menschen teilnahmen, durch die Filmaufnahmen von Aram Radomski und Siegbert Schefke, die in die weltweite Kommunikation eingespeist wurden.
Aram Radomski, in Neubrandenburg aufgewachsen und als Sohn von Gert Neumann und Enkelsohn von Margarete Neumann schon früh mit Literatur und Kunst in Berührung gekommen, hatte ab 1986 undercover u.a. für die ARD-Sendung „Kontraste“ Filmaufnahmen aus dem Inneren der DDR gemacht.
Im Rahmen der Uwe Johnson-Tage wird er einige der Ansichten vorstellen. Dabei geht es u.a. um spektakuläre Aufnahmen vom Verfall der Städte, die auf einer Tour von Anklam über Greifswald nach Rostock entstanden. „Biographie ist unwiderruflich“, dieser Satz von Uwe Johnson wird im Gespräch vertieft werden.

Dienstag, 7. Oktober 2025
Frau Rilke Buchladen
Strelitzer Straße 11 | 17235 Neustrelitz
19.00 Uhr
„Schwebende Lasten“ – Lesung und Gespräch mit ANNETT GRÖSCHNER
Moderation: KATHRIN MATERN

Nicht weniger als ein ganzes Leben erzählt Annett Gröschner mit der Geschichte der Blumenbinderin und Kranfahrerin Hanna Krause aus Magdeburg – mit einer Wucht und Poesie, wie sie nur dort entstehen können, wo die Literatur wirklichkeitssatt ist. Hanna Krause war Blumenbinderin, bevor das Leben sie zur Kranführerin machte. Sie hat zwei Revolutionen, zwei Diktaturen, einen Aufstand, zwei Weltkriege und zwei Niederlagen, zwei Demokratien, den Kaiser und andere Führer, gute und schlechte Zeiten erlebt, hat sechs Kinder geboren und zwei davon nicht begraben können, was ihr naheging bis zum Lebensende.

Annett Gröschner, geboren 1964 in Magdeburg, lebt seit 1983 als Schriftstellerin in Berlin. Bekannt wurde sie vor allem mit ihren Romanen „Moskauer Eis“ (2000) und „Walpurgistag“ (2011). Zuletzt erschien ihr gemeinsam mit Peggy Mädler und Wenke Seemann verfasster Bestseller „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“ (2024). Annett Gröschner wurde vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Literaturpreis von ZDF, 3sat und der Landeshauptstadt Mainz.

Mittwoch, 8. Oktober 2025
Kunstsammlung Neubrandenburg
Große Wollweberstraße 24 | 17033 Neubrandenburg
19.00 Uhr
„Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe“ – Lesung und Gespräch mit HELGA SCHUBERT
Moderation: CARSTEN GANSEL

„Vielleicht ist einer von uns morgen schon nicht mehr da.“ Über fünfzig Jahre lang teilen sie ihr Leben. Doch nun ist der Mann schwer krank. Lange schon palliativ umsorgt, wird sein Radius immer eingeschränkter, der Besuch weniger, die Abhängigkeiten größer. Entlang der Stunden eines Tages erzählt Helga Schubert davon, wie man in solchen Umständen selbst den Verstand und der andere die Würde behält, wie es ist, mit einem todkranken Menschen durch dessen Zwischenwelten zu wandeln. Und davon, wie Liebe zu Erbarmen wird. Eine Liebeserklärung an den Mann an ihrer Seite und all die Dinge, die das Leben inmitten der Widrigkeiten des Alters lebenswert machen.

Helga Schubert, geboren 1940 in Berlin, war Psychotherapeutin und Schriftstellerin in der DDR. Sie zog sich aus der literarischen Öffentlichkeit zurück, bis sie 2020 mit der Geschichte „Vom Aufstehen“ den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann. Der gleichnamige Erzählband erschien 2021 und war für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. 2024 wurde Helga Schubert mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Landeskulturpreis MV ausgezeichnet.

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Donnerstag, 9. Oktober 2025
Kulturquartier
Schloßstraße 12/13 | 17235 Neustrelitz
19.00 Uhr
„Meine Fensterplätze“ – Lesung und Gespräch mit GITTA LINDEMANN
Moderation: CARSTEN GANSEL

Gitta Lindemann hat schon immer geschrieben, aber fast alle Ergebnisse haben dem eigenen kritischen Blick nicht standgehalten. Erst mit den 1990er Jahren und den damit in Verbindung stehenden Veränderungen hat sie frühere Ansätze aufgegriffen. Entstanden sind berührende Geschichten, in denen das Erinnern eine zentrale Rolle spielt. Eingeschrieben ist den Texten Uwe Johnsons Frage „was war eigentlich bis jetzt: Woher komme ich, und was hat mich zu dem gemacht, was ich bin“.

Gitta Lindemann wurde 1939 in Dresden geboren. Von 1957 bis 1962 studierte sie Journalistik in Leipzig. Von 1969 bis 1974 arbeitete sie im Studio Neubrandenburg von Radio DDR, von 1974 bis 1989 bei der Ferienwelle in Rostock. 1990 wurde sie Chefredakteurin von Radio Mecklenburg Vorpommern, 1992 Kulturchefin bei NDR 1 Radio MV in Schwerin, dort erfand und leitete sie die Reihe „Kunstkaten“ und war Mitbegründerin des NDR-Literaturcafés. Gitta Lindemann lebt und arbeitet in Wendisch-Rambow.

Donnerstag, 23. Oktober 2025
Regionalbibliothek
Marktplatz 1 | 17033 Neubrandenburg
19.00 Uhr
„Die vorletzte Frau“ – Lesung und Gespräch mit KATJA OSKAMP
Moderation: MATTHIAS WOLF

Sie lernt ihn kennen, als sie noch jung ist und er beinahe schon alt. Er, der berühmte Schriftsteller. Sie, die mit dem Schreiben gerade anfängt und Mutter einer kleinen Tochter ist. Sie wird seine Schülerin, seine Geliebte, seine Vertraute, und beide schwören, sich einander zuzumuten „mit allen Meisen und Absonderlichkeiten“. 19 Jahre lang waren „Tosch“ und die „Erzählerin Oskamp“ ein Paar. Die Schriftstellerin Katja Oskamp erzählt ihre eigene Geschichte. Es ist ein Roman über Bleiben und Gehen, über Ost und West, über Oben und Unten, darüber, wie die Liebe kommt und wie sie vergeht.

Katja Oskamp, geboren 1970 in Leipzig, ist in Berlin aufgewachsen. Nach dem Studium der Theaterwissenschaft arbeitete sie als Dramaturgin am Volkstheater Rostock und studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 2019 erschien ihr verfilmter Bestseller „Marzahn, mon amour“, für dessen englische Ausgabe sie 2023 zusammen mit der Übersetzerin den Dublin Literary Award erhielt.

Montag, 27. Oktober 2025
Kunstsammlung
Große Wollweberstraße 24 | 17033 Neubrandenburg
19.00 Uhr
„Zärtlicher Regen, Erinnerung – Die Dichterin Eva Strittmatter“ – Film und Gespräch mit LEONORE BRANDT
Moderation: CARSTEN GANSEL

Eva Strittmatter (1930-2011) war die erfolgreichste Lyrikerin der DDR. Ihre Gedichtbände konnten in mehreren Hunderttausend Exemplaren verkauft werden, ohne den tatsächlichen Bedarf ganz sättigen zu können. Zeitweilig überstrahlte ihr Ruhm sogar den ihres Mannes, des Schriftstellers Erwin Strittmatter. Vielen Menschen im Osten boten ihre Gedichte Trost und Hoffnung in der „zementierten“ Zeit des DDR-Sozialismus. Leonore Brandt porträtierte Eva Strittmatter 1995 für die MDR-Reihe „Lebensläufe“.

Leonore Brandt wurde 1953 in Halle-Saale geboren. Sie ist Autorin und Regisseurin, bekannt für die Filmreihe „Die Geschichte Mitteldeutschlands“ und ihre sensiblen Filmporträts von Künstlern.

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Donnerstag, 30. Oktober 2025
Stadtarchiv
Marktplatz 1 (Eingang Darrenstraße) | 17033 Neubrandenburg
19.00 Uhr
„Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste“ – Lesung und Gespräch
mit JAKOB HEIN
Moderation: MATTHIAS WOLF

Nicht im Traum wäre sein Chef darauf gekommen, dass ausgerechnet Grischa, dieser schüchterne Assistent der Staatlichen Plankommission, zu Subversion neigt und einen – zugegeben – ziemlich genialen Plan ausheckt, wie ihr maroder Laden an eine neue, überraschend gut sprudelnde Finanzquelle gelangt. Wobei ‚Laden‘ in diesem Fall für ein ganzes Land steht.
Am Grenzübergang Invalidenstraße spielen sich im Kaufrausch sodann tumultartige Szenen ab, und zwar auf der falschen (!) Seite. Hunderte junge Leute wollen nach drüben, in den Osten, als wäre Magie im Spiel. Als die Regierung in Bonn Wind davon bekommt, wird die Lage brenzlig. Doch da macht der Osten dem Westen ein Angebot, das er nicht ablehnen kann!

Jakob Hein, geboren 1971 in Leipzig, ist Schriftsteller und Arzt. Er arbeitet als Psychiater und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht. Sein Band „Hypochonder leben länger und andere gute Nachrichten aus meiner psychiatrischen Praxis“ (2020) stand wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.

Donnerstag, 6. November 2025
Stadtarchiv
Marktplatz 1 (Eingang Darrenstraße) | 17033 Neubrandenburg
19.00 Uhr
„Medienskepsis in Ostdeutschland. Warum das Misstrauen in den Journalismus kein Erbe der DDR ist“ – Lesung und Gespräch mit MICHAEL MEYEN
Moderation: CARSTEN GANSEL

Warum ist die Medienskepsis im Osten der Bundesrepublik größer als im Westen? Haben wir es hier tatsächlich mit einem Erbe der DDR zu tun, wie oft behauptet wird, oder gibt es für die Kritik am Journalismus und die Wahlerfolge der AfD andere Ursachen? Das neue Buch von Michael Meyen zeigt, dass DDR-Erfahrungen auch dann nicht automatisch Zweifel am Journalismus der Gegenwart nach sich ziehen, wenn sie in der Familie weitergegeben wurden. Medienkritik und Wahlergebnisse in Ostdeutschland sind kein Erbe der Vergangenheit, sondern wurzeln in Brüchen zwischen Ideologie, Leitmedien und Wirklichkeit, die auch im Westen zu beobachten sind.

Michael Meyen, 1967 auf Rügen geboren und in der DDR auf dem Weg, Journalist zu werden, ist seit 2002 Professor für Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Dienstag, 11. November 2025
Regionalbibliothek
Marktplatz 1 | 17033 Neubrandenburg
19.00 Uhr
„Angela Merkel. Zwischen Legende und Wirklichkeit – Die kritische Biografie“ – Lesung und Gespräch mit KLAUS-RÜDIGER MAI
Moderation: CARSTEN GANSEL

Nach Angela Merkels Ausstieg aus der Politik wurden ihre Fehler unter großem Propagandaaufwand in Heldentaten umgemünzt – Klaus-Rüdiger Mai setzt in seiner kritischen Biografie der Ex-Kanzlerin Fakten gegen Legenden und widmet sich der Frage: Warum handelte Angela Merkel, wie sie handelte? Dabei geht es ihm um eine kühle und glasklare historische Analyse. Vor allem aber geht es um die große Leidenschaft der Angela Merkel: ihre Liebe zur Macht und darum, diese zu durchschauen und zu entzaubern.

Klaus-Rüdiger Mai, geboren 1963 in Staßfurt, ist Germanist, Historiker und Philosoph. Sein Spezialgebiet sind die künstlerischen, philosophischen und wirtschaftlichen Kulturen Europas gestern und heute sowie die Geschichte und Gegenwart Ostdeutschlands und Osteuropas. Er ist erfolgreicher Roman- und Sachbuchautor, Essayist und Publizist und lebt mit seiner Familie bei Berlin

Donnerstag, 13. November 2025
Schauspielhaus
Pfaffenstraße 22 | 17033 Neubrandenburg

19.30 Uhr
„Wenn du wüsstest, was ich weiß… Uwe Johnson – der Autor meines Lebens“
Ein Abend mit CHARLY HÜBNER
Moderation: MATTHIAS WOLF

Die Mauer ist gerade erst gefallen. Im mecklenburgischen Neustrelitz verlässt der 19-jährige Charly Hübner sein Elternhaus im Streit. Er findet Zuflucht am Theater und in der Literatur, liest wie besessen und landet nahezu unumgänglich bei den „Jahrestagen“ von Uwe Johnson. Er taucht darin ein – und sehr lange nicht wieder auf. Aus dem Teenager von damals ist einer der beliebtesten Schauspieler des mehr oder weniger vereinten Deutschland geworden. Charly Hübners Lektüre des Weltautors Johnson, eines genauen Beobachters seiner Zeit, der wie kein anderer die Sprache und Denkweise der Menschen um ihn herum zu Papier gebracht hat, ist heute aktueller denn je.

Charly Hübner, geboren 1972 in Neustrelitz, ist Schauspieler, Regisseur sowie Sprecher von Hörspielen und Hörbüchern. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Bayerische Fernsehpreis, der Grimme-Preis, der Deutsche Fernsehpreis sowie der Deutsche Hörbuchpreis. Er lebt mit seiner Familie in Hamburg.

In Zusammenarbeit mit der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz

Freitag, 14. November 2025
Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow
Am Wall 2 | 18273 Güstrow
19.30 Uhr
„Blitz aus heiterm Himmel“ – Erzählungen von Christa Wolf, Sarah Kirsch, Günter de Bruyn u.a., herausgegeben von EDITH ANDERSON – Lesung und Gespräch mit CARSTEN GANSEL
Moderation: TILMANN WESOLOWSKI

„Man wacht eines Morgens auf und findet sein Geschlecht vertauscht.“ Edith Andersons Idee, Anfang der 1970er Jahre Autorinnen und Autoren zu Geschichten über Geschlechtertausch anzuregen, hatte ihren Ausgangspunkt in der „Ungerechtigkeit, über die eine Frau jeden Tag ihres Lebens stolpert“ – auch in der DDR, die sich die Emanzipation auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Die Funktionäre waren alarmiert: Sie sabotierten das Projekt. Die Anthologie konnte nach einem fünf Jahre währenden Aufbegehren aller Beteiligten, erst 1975 erscheinen. Sie demonstriert eindrücklich die einzigartige, der Literatur innewohnende Kraft, wenn es darum geht, Zukunftsvisionen zu entwerfen.
Carsten Gansels Essay zur wechselvollen Entstehungsgeschichte der Anthologie soll Ausgangspunkt für diese Wiederentdeckung sein.

Die Mecklenburgische Literaturgesellschaft und die Barlachstadt Güstrow danken dem Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Mecklenburg-Vorpommern,
dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, der Stadt Neubrandenburg, dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und Gentz und Partner Rechtsanwälte mbB sowie der Stiftung der Neubrandenburger Sparkasse für die Förderung der Uwe Johnson-Tage 2025.

PROF. DR. CARSTEN GANSEL
Vorsitzender
Mecklenburgische Literaturgesellschaft e.V.

SASCHA ZIMMERMANN
Bürgermeister der Barlachstadt Güstrow

MARKUS FRANK
Gentz Rechtsanwälte und Notare

KATRIN RACZYNSKI
Vorstand des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg KdöR

Vorbestellung / Information:
Mecklenburgische Literaturgesellschaft e.V.
MATTHIAS WOLF
2. Ringstraße | Wiekhaus 21 | 17033 Neubrandenburg
Telefon: 0395 544 16 71
E-Mail: pegasus-mlg@gmx.de
www.mlg.de

Uwe Johnson-Bibliothek Barlachstadt Güstrow
DR. TILMANN WESOLOWSKI
Am Wall 2 | 18273 Güstrow
Telefon: 03843 76 94 65
E-Mail: uwe-johnson-bibliothek@guestrow.de
www.uwe-johnson-bibliothek.de

Frau Rilke Buchladen
KATHRIN MATERN
Strelitzer Straße 11 | 17235 Neustrelitz
Telefon: 03981 205063
E-Mail: buchladen@frau-rilke.de
www.frau-rilke.de

Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz
DOROTHEA KLEIN-ONNEN
Schloßstraße 12/13
17235 Neustrelitz
Telefon: 03981 23909-99
E-Mail:info@kulturquartier-neustrelitz
www.kulturquartier-neustrelitz.de

Tickets für die Veranstaltung am 13.11.2025 im Schauspielhaus Neubrandenburg: Ein Abend mit CHARLY HÜBNER gibt es ausschließlich bei der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz:
Theater-Service Neustrelitz
Strelitzer Straße 38 |17235 Neustrelitz
Telefon: 03981 20 64 00
E-Mail: serviceNZ@tog.de

Besucher-Service Neubrandenburg im SCHAUSPIELHAUS
Pfaffenstraße 18-22 | 17033 Neubrandenburg
Telefon: 0395 569 98 32
E-Mail: serviceNB@tog.de
www.tog.de

www.uwejohnsonpreis.de

Kurt Tallert erhält den Uwe-Johnson-Förderpreis 2025

Der mit 5.000 Euro dotierte Uwe-Johnson-Förderpreis 2025 wird Kurt Tallert für sein Buch »Spur und Abweg« (DuMont Buchverlag 2024) verliehen. Die sechsköpfige Jury wählte aus einer Vielzahl an eingesandten Debüts aus den Bereichen Prosa und Essayistik den diesjährigen Preisträger aus. Die feierliche Preisverleihung findet im Rahmen der Uwe-Johnson-Tage am 26. September 2025 im Schauspielhaus Neubrandenburg statt.

Die Jury begründet ihre Entscheidung folgendermaßen:

»Kurt Tallert hat ein außergewöhnliches Buch geschrieben, und dies in mehrfacher Hinsicht. Der Autor entschließt sich, dem lange verstorbenen Vater nachzuforschen, als er selbst einen Sohn hat. Dies ist nachvollziehbar. Aber dann folgt bereits das Besondere: Kurt Tallert wächst in den frühen 1990er Jahren im Westen Deutschlands als Kind eines Holocaust-Überlebenden auf, während die Eltern seiner Generationsgefährten bereits aus einer anderen Zeit stammen. Besonders ist auch die Form der Recherche, weil Kurt Tallert nachträglich die Prägungen seiner Kindheit rekonstruiert und in Verbindung damit die Biografie des Vaters aus Dokumenten, Tagebucheinträgen, Notizen oder Zeitungsausschnitten zusammensetzt. Kurt Tallert hat früh ein Bewusstsein entwickelt für den ›meinem Vater zugefügten Schmerz, seine Demütigungen und seine Ängste‹. Aus dieser Erfahrung erwächst die Notwendigkeit zur Selbsterkundung des Sohnes, die den Leser mit einbezieht. Kurt Tallert füllt beim Erzählen Leerstellen der Vergangenheit und wählt Abwege der Erinnerung, um der Spur seines Vaters folgen zu können. Die Spur verläuft quer durch die Gegenwart. Dabei erinnert die Suche an Uwe Johnsons ›Versuch, einen Vater zu finden‹. Nur geht es in diesem Fall um den Zivilisationsbruch, dem der Vater als Siebzehnjähriger ausgesetzt war. ›Buchenwald war Ausdruck einer Vergangenheit, die mich stumm anschrie‹, notiert der Ich-Erzähler. Und an anderer Stelle heißt es: ›Verzeihen ist der Versuch, die Verfehlungen der Vergangenheit durch Sprache gewissermaßen aufzuheben‹. Aber Harry Tallert, der Vater des Autors, den die Nazis zum ›Halbjuden‹ erklärt haben, erlebt im bundesrepublikanischen Alltag der 1960er und 1970er Jahre das genaue Gegenteil, die Abwesenheit eines Schuldeingeständnisses und die Abwehr von Reue, vor allem im Politbetrieb. Welche seelischen Verletzungen sich daraus für den Vater ergeben und wie die erlittenen Traumata weitergegeben wurden, dem nähert Kurt Tallert sich in sensibler Weise. Erst während der Recherche mit Reisen zu Verwandten und in Konzentrationslager findet eine Klärung seiner unbestimmten Erinnerung an den Vater statt. Dabei hat der Autor eine dem Gegenstand angemessene Form gefunden, die zwischen einer essayistisch-dokumentarischen Darstellung und einem psychologischen Erzählen alterniert. Uwe Johnson hat in seinen ›Jahrestagen‹ ein Bild davon gegeben, was es bedeuten kann, mit dem Holocaust als Kind konfrontiert zu werden. Das ist über fünfzig Jahre her. Kurt Tallert belegt eindrucksvoll, dass das Vergangene nicht tot ist, ›es ist nicht einmal vergangen‹.«

Der Jury gehören an: Gundula Engelhard (Stellvertretende Vorsitzende der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft), Carsten Gansel (Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Gießen; Sprecher der Jury), Cornelia Geißler (Literaturredakteurin der Berliner Zeitung), Michael Hametner (ehemals leitender Literaturredakteur und Moderator bei MDR FIGARO), Kathrin Matern (Buchhändlerin, Journalistin und Filmemacherin) und René Strien (ehemaliger Verleger des Aufbau Verlages und Geschäftsführer des OKAPI Verlages Berlin).

Für den Uwe-Johnson-Förderpreis konnten Autorinnen und Autoren oder deren Verlage bis zum 1. März 2025 seit Anfang April 2023 veröffentlichte oder noch unveröffentlichte Arbeiten aus den Bereichen Prosa und Essayistik einreichen. Der Förderpreis würdigt herausragende literarische Erstlingswerke, in denen sich Anknüpfungspunkte zur Poetik Uwe Johnsons finden und deren Blickwinkel unbestechlich und jenseits »einfacher Wahrheiten« auf die deutsche Geschichte, Gegenwart und Zukunft gerichtet ist.

Der Uwe-Johnson-Förderpreis wird von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. in Neubrandenburg gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und GENTZ Rechtsanwälte und Notare seit 2005 im jährlichen Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Literaturpreis vergeben. Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger sind Arno Orzessek (2005), Emma Braslavsky (2007), Thomas Pletzinger (2009), Judith Zander (2011), Matthias Senkel (2013), Mirna Funk (2015), Shida Bazyar (2017), Kenah Cusanit (2019), Benjamin Quaderer (2021) und Domenico Müllensiefen (2023).

Foto Kurt Tallert © Thomas Schäkel

Ausschreibung für den Uwe-Johnson-Förderpreis 2025 startet

Für den mit 5.000 Euro dotierten Uwe-Johnson-Förderpreis können Autorinnen und Autoren oder deren Verlage noch unveröffentlichte oder seit April 2023 veröffentlichte Debüts aus dem Bereich Prosa und Essayistik einreichen. Einsendeschluss ist der 1. März 2025. Der Förderpreis zeichnet herausragende literarische Erstlingswerke aus, in denen sich Anknüpfungspunkte zur Poetik Johnsons finden und deren Blickwinkel unbestechlich und jenseits „einfacher Wahrheiten“ auf die deutsche Geschichte, Gegenwart und Zukunft gerichtet ist. Nach Sichtung aller eingegangenen Texte gibt die Jury am 21. Juli 2025 die Preisträgerin oder den Preisträger bekannt. Die Preisverleihung findet am 26. September 2025 im Schauspielhaus Neubrandenburg statt.

Der Uwe-Johnson-Förderpreis würdigt herausragende Debüts und wird von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. in Neubrandenburg gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und GENTZ Rechtsanwälte und Notare im jährlichen Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Literaturpreis vergeben. Erstmals wurde der Uwe-Johnson-Förderpreis 2005 an den Schriftsteller Arno Orzessek verliehen. Weitere Preisträgerinnen und Preisträger sind: Emma Braslavsky (2007), Thomas Pletzinger (2009), Judith Zander (2011), Matthias Senkel (2013), Mirna Funk (2015), Shida Bazyar (2017), Kenah Cusanit (2019), Benjamin Quaderer (2021) und Domenico Müllensiefen (2023).

Vorschläge können bis zum 1. März 2025 bei der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V., 2. Ringstraße 21, 17033 Neubrandenburg eingereicht werden.

Fünf Fragen an Kathrin Matern

Was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie an Uwe Johnson denken?

Mecklenburg und Heimat. Ich habe Johnsons „Jahrestage“ als sehr junge Frau zum ersten Mal gelesen und dann etwa zehn Jahre später wieder, als ich nach Mecklenburg gekommen bin. Da hatte ich eine Ahnung, dass Uwe Johnson mir helfen könnte, Mecklenburg zu verstehen. Mit und durch Uwe Johnson habe ich in Mecklenburg Heimat gefunden. Mit allen Widersprüchlichkeiten, die dies in sich birgt. Seitdem lese ich ihn alle paar Jahre wieder.

Wie schätzen Sie die Bedeutung Uwe Johnsons und seines Werkes ein?

Das ist eine für mich schwer zu beantwortende Frage. Für mich ist Uwe Johnson ein Autor meines Lebens. Johnson lesen heißt die Katastrophen des 20. Jahrhunderts und das Drama der deutschen Teilung verstehen. Für mich ist er einer der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts.

Welches Buch von Johnson muss man unbedingt gelesen haben und warum?

Ich lese alle paar Jahre „Die Jahrestage“. Aber großartig für den Einstieg in sein Werk sind auch „Mutmaßungen über Jakob“. Allein der erste Satz: „Aber Jakob ist immer quer über die Gleise gegangen“! Einen Roman mit einem „Aber“ anzufangen… Ein prima Einstieg in Johnsons Werk ist aber auch das 2024 erschienene von Charly Hübner geschriebene Buch „Wenn du wüsstest, was ich weiß“. Danach will man Johnson im Original lesen!

Warum gehört der Uwe-Johnson-Preis unbedingt in die deutsche Literaturlandschaft?

Weil das Erinnern und die Erinnerung zentrale Johnsonsche Motive sind. Auch und vor allem die Verbindung zwischen Erinnerung und Gegenwart. Uwe Johnson ist ein immer noch unterschätzter Autor, der „Riesenschinken“ geschrieben hat, die zu lesen sich viele Menschen scheuen. Der Preis erinnert auch an diesen sperrigen, komplizierten, klugen Menschen, der sich der Wahrheit verschrieben hatte. Außerdem sind Buchpreise wichtig, um Autorinnen und Autoren zu würdigen.

Was wünschen Sie dem Preis?

Einen festen Platz in der deutschen Buchpreislandschaft. Leserinnen und Leser, die Uwe Johnson durch den Preis entdecken und sich einlassen wollen. Spannende Einreichungen und Schätze in Johnsonscher Tradition, die es zu entdecken gilt.

Uwe Johnson-Tage 2024

Die UWE JOHNSON-TAGE 2024 finden vom 16. September bis zum 14. November statt.
Wir laden Sie herzlich ein zur Veranstaltungsreihe der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. und der Barlachstadt Güstrow gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und Gentz Rechtsanwälte und Notare.

PROGRAMM (HIER als pdf)

Montag, 16. September 2024, 19:00 Uhr – Regionalbibliothek, Marktplatz 1, 17033 Neubrandenburg

Eröffnung der Uwe Johnson Tage 2024

durch Prof. Dr. Carsten Gansel, Mecklenburgische Literaturgesellschaft e.V., und
Dr. Tilmann Wesolowski, Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow

„Schnall dich an, es geht los“ – Lesung und Gespräch mit Domenico Müllensiefen
Uwe Johnson-Förderpreisträger 2023

Moderation: Gundula Engelhard

Früher begann in Jeetzenbeck die Freiheit – Der Ort in der Altmark war die erste Station auf der Reise in die weite Welt. Heute kommt niemand so leicht von hier weg. Die Zugverbindung nach Salzwedel soll eingestellt werden, und die Einfamilienhäuser am Ortsrand verfallen. Doch Marcel, der als Drehspießverkäufer am Bahnhof arbeitet, will nicht aufhören zu träumen. Von Steffi, seiner großen Liebe, von einer heilen Familie, von einem besseren Leben im Takt der Tanzmusik. „Schnall dich an, es geht los“ ist nach „Aus unseren Feuern“ der zweite Roman und im August 2024 erschienen.

Domenico Müllensiefen wurde 1987 in Magdeburg geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er auf einem Bauernhof in der Altmark. Mit 16 lernte er bei der Deutschen Telekom. Danach Anstellung als Techniker in Leipzig. Ab 2011 Studium und Master am Deutschen Literaturinstitut. Nebenbei arbeitete er als Bestatter. Er war Mitherausgeber der Anthologie „Tippgemeinschaft“, lebt in Leipzig und arbeitet als Bauleiter.

 

Dienstag, 17. September 2024, 19:30 Uhr – Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow, Am Wall 2,
18273 Güstrow

„Aus unseren Feuern“ – Lesung und Gespräch mit Domenico Müllensiefen
Uwe Johnson-Förderpreisträger 2023

Moderation: Tilmann Wesolowski

Die Jury begründete ihre Entscheidung für den Uwe Johnson-Förderpreis u.a.: „Mit Domenico Müllensiefens Aus unseren Feuern liegt ein Debütroman vor, der Staunen macht: Mit der Romanform weiß er in allen Belangen umzugehen: Aufbau, Spannungsführung, Rhythmus, Komposition. Die Simultantechnik, die er für seine zwei Zeitebenen braucht, beherrscht er souverän und schafft einen beeindruckenden Erzähl-Raum. Der Autor schreibt, als würde er lange schon nichts anderes tun: So souverän ist sein Erzählen, so dicht folgt er seinen Figuren, so präzise sind seine Schilderungen der Arbeitswelt, ob auf Elektromontage, in einem Schlachtbetrieb und nicht zuletzt in einem Bestattungsinstitut, dem Arbeitsplatz des Erzählers. … Wie bei Uwe Johnson spielt das ‚Prinzip Erinnerung‘ eine gewichtige Rolle.“

 

Donnerstag, 19. September 2024, 18:30 Uhr – Regionalbibliothek, Marktplatz 1, 17033 Neubrandenburg

Carsten Gansel stellt vor:Ich bin so gierig nach Leben. Brigitte Reimann. Die Biografie“

Moderation: Dr. Margrid Bircken, Brigitte-Reimann-Gesellschaft e. V.

„Ein starkes Buch über eine ungewöhnliche und bedeutende Frau“, urteilte Deutschlandfunk Kultur über Carsten Gansels umfassende Brigitte-Reimann-Biographie mit dem Titel „Ich bin so gierig nach Leben“, die zum 90. Geburtstag der Autorin 2023 beim Aufbau-Verlag erschien. ttt – titel, thesen, temparamente titelte: „Neue Einblicke in das komplexe literarische Werk Brigitte Reimanns und das kulturelle Leben in der DDR“. Das Sachbuch stand mehrere Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste. Schließlich erhielt der Biograf den Annalise-Wagner-Preis 2024. In der Jury-Begründung heißt es u.a.: „Carsten Gansels Suchbewegung geht gleichermaßen in die Breite wie in die Tiefe, wenn er die Konflikte um Literatur und Gesellschaft parallel detailliert schildert. Der Gewinn für die Leser besteht nicht zuletzt darin, mit seinen Schilderungen Brigitte Reimanns faszinierende Persönlichkeit in den Kämpfen ihrer Zeit einsehbar zu machen. Ohne die beobachtende Distanz des Literaturwissenschaftlers zu verlassen, kommt Carsten Gansel der Autorin Brigitte Reimann dabei sehr nahe.“

Eine gemeinsame Veranstaltung mit der Regionalbibliothek und der Annalise-Wagner-Stiftung.

 

Donnerstag, 19. September 2024, 19:30 Uhr – Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow, Am Wall 2, 18273 Güstrow

„Maifliegenzeit“ – Lesung und Gespräch mit Matthias Jügler

Moderation: Tilmann Wesolowski

Ein Paar, dessen Sohn angeblich kurz nach der Geburt verstorben ist, der in Wahrheit aber zur Adoption freigegeben wurde. Vierzig Jahre später treffen Vater und Sohn aufeinander und mit verschränkten Zeitebenen werden Schweigen und Schuldgefühle im Roman greifbar. Für das Literaturhaus Leipzig wegen fehlender Belege ein Grund Jügler auszuladen, für die FAZ eine „literarische Aufarbeitung des DDR-Erbes“ und für den NDR gar „die Nummer eins auf der Bücherliste des Frühjahrs“.

Matthias Jügler, geboren 1984 in Halle/Saale, studierte u.a. Skandinavistik in Greifswald und Oslo sowie Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Er arbeitet journalistisch und als freier Lektor sowie als Herausgeber. 2022 war Matthias Jügler Writer in Residence in Reykjavík/Island und erhielt den Klopstock-Preis für neue Literatur. 2023 war er Stadtschreiber von Halle. 2024 erschien sein dritter Roman „Maifliegenzeit“, für den er den Rheingau Literatur Preis erhielt.

 

Freitag, 20. September 2024, 18:00 Uhr – Vertretung des Landes Mecklenburg-Vorpommern,
In den Ministergärten
 3, 10117 Berlin

Verleihung des Uwe Johnson-Preises an Iris Wolff für ihren Roman „Lichtungen“

Laudatio: Prof. Dr. Rainer Moritz, Literaturkritiker, Autor und Übersetzer – Leiter des Literaturhauses Hamburg

Verleihung des Preises durch Prof. Dr. Carsten Gansel, Mecklenburgische Literaturgesellschaft e.V.; Katrin Raczynski, Vorstand Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg KdöR, und Markus Frank, Gentz Rechtsanwälte und Notare

 

Freitag, 27. September 2024, 19:00 Uhr – Frau Rilke Buchladen, Strelitzer Straße 11, 17235 Neustrelitz

„Im Schatten zweier Sommer“ – Lesung und Gespräch mit Jan Koneffke
Uwe Johnson-Preisträger 2016

Moderation: Kathrin Matern

Im Frühjahr 1914 zieht in Wien bei der jüdischen Familie des Schuhmachers Fischler ein neuer Mieter ein. Er ist ein schüchterner Student aus Galizien. Sein Name: Joseph Roth. Fanny, die ältere Tochter der Familie, und er lernen sich kennen, und für die beiden beginnt ein heimlicher verliebter Sommer, an dessen Ende sie sich trennen für lange Jahre – bis es Fanny 1938 nach Paris verschlägt, wo sie zufällig ihren ersten Sommerschwarm wiedertrifft. Roth ist inzwischen berühmter Schriftsteller geworden. Fanny wird den cholerischen, mit sich und der Welt zerstrittenen charismatischen Autor bis kurz vor seinem Tod begleiten.

Jan Koneffke, geboren 1960 in Darmstadt, studierte und arbeitete ab 1981 in Berlin. Nach seinem Villa-Massimo-Stipendium 1995 lebte er für weitere sieben Jahre in Rom und pendelt heute zwischen Wien, Bukarest und dem Karpatenort Măneciu. Koneffke schreibt Romane, Lyrik, Kinderbücher, Essays und übersetzt aus dem Italienischen und Rumänischen. Er wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet. Zuletzt erschienen bei Galiani „Ein Sonntagskind“ (2015), 2020 sein von der Presse gefeiertes Erzählkunststück „Die Tsantsa-Memoiren“.

 

Dienstag, 8. Oktober 2024, 19:00 Uhr – Nordkurier Medienhaus, Friedrich-Engels-Ring 29, 17033 Neubrandenburg

Jenseits der ‚einfachen Wahrheiten‘. Der Uwe Johnson-Preis 2014 – 2023“ – Präsentation und Gespräch mit Prof. Otto Kummert

Nach „Mutmaßungen – Uwe Johnson und die Gegenwartsliteratur. Zwanzig Jahre Uwe Johnson-Preis“ geben die Stifter den Band „Jenseits der ‚einfachen Wahrheiten‘“ im dreißigsten Jahr des Preises heraus. Die Premiere wird verbunden mit einem Gespräch, das Jurysprecher Carsten Gansel mit Prof. Otto Kummert führt. Der Künstler hat von Anfang an den Uwe Johnson-Preis, die Uwe Johnson-Tage und Publikationen grafisch begleitet.

Die in dem Band dokumentierten Preisbegründungen, die Laudationes wie auch die Dankesreden geben Auskunft über das Literaturverständnis der jeweiligen Preisträger, der Laudatoren wie auch der Jury. Die Erinnerungen an die Anfänge des Preises oder die Jury-Arbeit, die Motive für seine Stiftung wie auch die ausgewählten Gespräche geben Einblicke in gesellschaftliche Umstände und die Rolle der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur in den Zeitläuften.

Eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Nordkurier.

 

Donnerstag, 17. Oktober 2024, 19:00 Uhr – Stadtarchiv, Marktplatz 1 (Eingang Darrenstraße), 17033 Neubrandenburg

Der Osten: eine westdeutsche Erfindung – Lesung und Gespräch mit Dirk Oschmann

Moderation: Carsten Gansel

„Der Osten hat keine Zukunft, solange er nur als Herkunft begriffen wird.“ Was bedeutet es, eine Ost-Identität auferlegt zu bekommen? Eine Identität, die für die wachsende gesellschaftliche Spaltung verantwortlich gemacht wird? Der Attribute wie Populismus, mangelndes Demokratieverständnis, Rassismus, Verschwörungsmythen und Armut zugeschrieben werden? Dirk Oschmann zeigt in seinem Buch, dass der Westen sich über dreißig Jahre nach dem Mauerfall noch immer als Norm definiert und den Osten als Abweichung. Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden von westdeutschen Perspektiven dominiert.

Dirk Oschmann, geboren 1967 in Gotha, ist Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Leipzig. Sein Buch „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ stieß auf große bundesweite Resonanz und stand wochenlang auf Platz 1 der Spiegel-Bestseller-Liste.

 

Donnerstag, 24. Oktober 2024, 19:00 Uhr – Kunstsammlung, Große Wollweberstraße 24, 17033 Neubrandenburg

„Simone“ – Lesung und Gespräch mit Anja Reich

Moderation: Carsten Gansel

Berlin, Mitte der achtziger Jahre. Zwei junge Frauen feiern, tanzen, reisen, verlieben sich – und werden im Osten der Stadt erwachsen. Dann fällt die Mauer, und das Leben der Freundinnen verändert sich in rasender Geschwindigkeit. Simone reist durch die Welt, Anja bekommt ein Kind, heiratet, beginnt zu arbeiten. Sie treiben auseinander und verlieren sich doch nicht. Bis zu dem Tag, an dem Simone für immer geht und Anja zurückbleibt. Wer war Simone? Und warum hat sie sich das Leben genommen? Auf der Suche nach Antworten unternimmt die Autorin eine Reise zurück in das Leben der Freundin und in ihr eigenes. Sie spricht mit Angehörigen, Freunden und Experten, liest Briefe, Tagebücher und Dokumente.

Anja Reich, geboren in Berlin, ist Autorin und Journalistin. Seit 1996 arbeitet sie für die Berliner Zeitung und berichtete ab 2001 als Korrespondentin aus New York und von 2018 bis 2020 aus Tel Aviv. Für ihre Reportagen erhielt sie den Deutschen Reporterpreis und den Theodor-Wolff-Preis. „Simone“ erschien 2023 im Aufbau Verlag. Anja Reich leitet heute das Magazin der Berliner Zeitung.

Mittwoch, 6. November 2024, 19:00 Uhr – Kunstsammlung, Große Wollweberstraße 24, 17033 Neubrandenburg

„Genossin Kuckuck“ – Lesung mit Projektionen und Gespräch mit Anke Feuchtenberger

Moderation: Matthias Wolf

Mit ihrer Graphic Novel „Genossin Kuckuck“ hat Anke Feuchtenberger ein Opus Magnum geschaffen. Fragmentarisch, surreal und betörend erzählt sie von einer Kindheit und Jugend in der DDR. Das Werk war für den Preis der Leipziger Buchmesse 2024 nominiert. Die Geschichten handeln von der Suche nach Heimat, einem inneren Zuhause, von der Frage, was einen zu der Person gemacht hat, die man geworden ist. Die 40 Kapitel von „Genossin Kuckuck“ wechseln zwischen Prosatexten und in unterschiedlichen Stilen gezeichneten Comicpassagen.

Anke Feuchtenberger arbeitet seit 1997 als Professorin für erzählerisches Zeichnen an der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und lebt in der Nähe der Peene bei Anklam. An „Genossin Kuckuck“ hat sie über ein Jahrzehnt gezeichnet und komponiert.

 

Donnerstag, 7. November 2024, 19:00 Uhr – Stadtarchiv, Marktplatz 1 (Eingang Darrenstraße), 17033 Neubrandenburg

„Archipelagus“ – Lesung und Gespräch mit Uwe Tellkamp
Uwe Johnson-Preisträger 2008

Moderation: Carsten Gansel

Der Protagonist des Romans „Archipelagus 1 – Der Schlaf in den Uhren“, Fabian Hoffmann, setzt seine Chronik fort. „Archipelagus 2“ (Arbeitstitel) handelt einerseits wieder im Stadtstaat Treva, nun im September 2015, Beginn der Flüchtlingskrise, andererseits in der Wendezeit von Januar 1990 bis zum 3. Oktober 1990, in der Fabian als Journalist beim „Blockorgan“ anfing, bevor er als Gehilfe des Kulturministers Meno Rohde nach Berlin ging, ein Zeuge der ersten frei gewählten Volkskammer, der Abschaffung eines Staats, der Auflösung des bisherigen Lebens.

Uwe Tellkamp, geboren 1968 in Dresden, Romancier, Erzähler und Essayist, legte 2008 den Roman „Der Turm“ vor, in dem er die Vorwende- und Wende-Zeit der DDR zum Thema macht. Neben anderen Auszeichnungen wurde ihm 2008 der Uwe-Johnson-Preis, im selben Jahr der Deutsche Buchpreis und 2009 der Deutsche Nationalpreis zuerkannt. „Archipelagus 1 – Der Schlaf in den Uhren“ erschien 2022.

 

Donnerstag, 14. November 2024, 19:00 Uhr – Kunstsammlung, Große Wollweberstraße 24, 17033 Neubrandenburg

Elfriede Brüning: „Die Emanzipation der Frau ist mein Lebensthema“

Vortrag von Sabine Kebir

Schon mit sechzehn verfocht Elfriede Brüning (1910-2014) mit ersten Publikationen das weibliche Selbstbestimmungsrecht über Körper und Leben. Dass es nur durch Berufstätigkeit erreichbar wird, bekräftigte sie auch mit Romanen in der Nazizeit, die dem offiziellen Frauenbild zuwiderliefen. In der DDR thematisierte sie die Probleme arbeitender Frauen und ihrer Kinder, womit sie der Gleichberechtigungspolitik damals und heute stets um Etliches voraus war. Vierzig Jahre lang war sie Publikumsliebling: Elfriede Brüning verkaufte in der DDR mehr als eineinhalb Millionen Bücher.

Privatdozentin Dr. Sabine Kebir ist Literatur-, Kultur- und Politikwissenschaftlerin. Sie lebte von 1977 bis 1988 in Algerien, wo sie an Universitäten lehrte, und arbeitet seitdem als freie Publizistin in Berlin für Radio, Zeitungen und TV-Sender. Zu Elfriede Brüning hat Sabine Kebir eine Monografie sowie gemeinsam mit Wolfgang Herzberg den Dokumentarfilm „Und außerdem werde ich 100“ veröffentlicht.

Die Mecklenburgische Literaturgesellschaft und die Barlachstadt Güstrow danken dem Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Mecklenburg-Vorpommern, dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, dem Kulturamt der Stadt Neubrandenburg, dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und Gentz Rechtsanwälte und Notare für die Förderung der Uwe-Johnson-Tage.

 

30 Jahre Uwe-Johnson-Preis: Iris Wolff wird ausgezeichnet

Im Jahr des 90. Geburtstages von Uwe Johnson (1934–1984) erhält Iris Wolff für ihren Roman »Lichtungen« den Uwe-Johnson-Preis. Die Jury wählte aus 90 Einreichungen aus den Bereichen Prosa und Essayistik die diesjährige Preisträgerin aus. Die feierliche Verleihung findet im Rahmen der Uwe-Johnson-Tage am Freitag, dem 20. September 2024, in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin statt. Iris Wolffs Roman, erschienen im Frühjahr 2024 bei Klett Cotta, wird von der Jury als Spurensuche gewürdigt, der es wie bei Uwe Johnson darum geht, »erzählend ›eine Wirklichkeit, die vergangen ist, wiederherzustellen‹. Dabei wird offenbar, auf welche Weise die Zeitläufte in das Leben des einzelnen eingreifen und es zu Brüchen in der Biographie gekommen ist.« Abschließend heißt es: »Wie Uwe Johnson verweigert sie sich der Mitlieferung einer Moral.« Die mit 20.000 Euro dotierte Auszeichnung wird seit 1994 vergeben, seit 2005 im Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis. 2022 erhielt Jenny Erpenbeck den Uwe-Johnson-Preis für ihren Roman »Kairos«. Zum Jubiläum ist ein Band mit den Laudationes, Dankesreden, Gesprächen und Erinnerungen geplant.

Der Jury gehören an: Gundula Engelhard (Geschäftsführerin der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft), Carsten Gansel (Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Gießen; Sprecher der Jury), Cornelia Geißler (Literaturredakteurin der Berliner Zeitung), Michael Hametner (ehemals leitender Literaturredakteur und Moderator bei MDR FIGARO) und René Strien (ehemaliger Verleger des Aufbau Verlages und Geschäftsführer des OKAPI Verlages Berlin).

Die Jury begründete ihre Entscheidung folgendermaßen: »Iris Wolffs Roman ›Lichtungen‹ setzt vergleichbar ein wie Uwe Johnsons ›Mutmassungen über Jakob‹ (1959), nämlich mit dem Ende. Mit ›Neun‹ ist zeitlich das letzte Kapitel beschrieben, aber in diesem Fall steht es am Anfang. Hier, auf der Gegenwartsebene, finden sich die Hauptfiguren Lev und Kato nach vielen Jahren wieder. Nun wird sukzessive zurück in die Vergangenheit einer rumäniendeutschen Bevölkerung in Siebenbürgen gegangen und von der Kindheit und Jugend der Protagonisten im sozialistischen Rumänien erzählt. Es ist dies – wie bei Johnson – eine Spurensuche, in der es darum geht, erzählend, ›eine Wirklichkeit, die vergangen ist, wiederherzustellen‹. Dabei wird offenbar, auf welche Weise die Zeitläufte in das Leben des einzelnen eingreifen und es zu Brüchen in der Biographie gekommen ist. Es geht um Menschen, denen eine Nationalität staatlich zugeschrieben wird, die sich aber eher Landschaften, Sprachen, Bildern zugehörig fühlen. ›Lichtungen‹ ist auch ein Roman, der dem literarisch nachfragt, was Heimat sein kann oder ist. Es zeigt sich, wie Heimat zunächst durch eine Raum- und Zeitdimension gekennzeichnet und als ein Netz von sozialen Beziehungen wirkt. Wie bei Uwe Johnson finden sich Bezugspunkte zu Ernst Blochs Heimat-Bestimmung, der den Heimat-Begriff nicht zuletzt in funktionierenden sozialen Beziehungen verankert. Lev verweigert sich der Zuschreibung in Deutsch und Rumänisch. In seinem Pass hat die Staatsangehörigkeit noch nie gewechselt. Sein Großvater Ferry bleibt bei seiner Zugehörigkeit zum Habsburgischen Österreich. Kato hat in Rumänien diese Heimat nie finden können. Als es möglich wird, zieht sie als Straßenmalerin durch Europa und bleibt auf der Suche. Wenn es im Roman heißt: ›Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender‹, dann trifft das für sie zu. Dabei entsteht wiederum ein Bezug zum Johnsonschen Erzählen, bei dem die Frage ›Gehen oder Bleiben‹ durchweg ein untergründiges Thema darstellt. Nachdem in zahlreichen Romanen nicht zuletzt am Schicksal der Rumäniendeutschen erzählt wurde, wie unter diktatorischen Verhältnissen Heimat als Gefühl natürlicher Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft in Gefahr gerät, hält Iris Wolff das politische Bedingungsgefüge für Heimat aus dem Vordergrund des Erzählens heraus, und dennoch ist es durchgehend anwesend. Wie Uwe Johnson verweigert sie sich der Mitlieferung einer Moral. Was dazu zu sagen ist, das sagen die Leser!«

Für den Uwe-Johnson-Preis konnten Autorinnen und Autoren oder deren Verlage bis zum 1. März 2024 seit Anfang April 2022 veröffentlichte oder noch unveröffentlichte Prosa und essayistische Arbeiten einreichen. Der Preis würdigt herausragende literarische Werke, in denen sich Bezugspunkte zur Poetik von Uwe Johnson finden und deren Blickwinkel unbestechlich und jenseits »einfacher Wahrheiten« auf deutsche Geschichte, Gegenwart und Zukunft gerichtet ist.

Der Uwe-Johnson-Preis wurde 1994 erstmals verliehen, zu den Preisträgern gehören unter anderen Walter Kempowski, Jürgen Becker, Norbert Gstrein, Joochen Laabs, Uwe Tellkamp, Christa Wolf, Christoph Hein, Lutz Seiler, Jan Koneffke und Irina Liebmann. Der mit 20.000 Euro dotierte Literaturpreis wird von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und Gentz und Partner Rechtsanwälte Steuerberaterin mbB, Berlin, im jährlichen Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis vergeben, der 2023 an Domenico Müllensiefen für »Aus unseren Feuern« (Kanon Verlag) ging.

Foto Iris Wolff (c) Maximilian Gödecke

 

Ausschreibung für Uwe-Johnson-Preis 2024 startet

Für den mit 20.000 Euro dotierten Uwe-Johnson-Preis können Autorinnen und Autoren oder deren Verlage bis zum 1. März 2024 unveröffentlichte sowie seit April 2022 veröffentlichte Arbeiten aus den Bereichen Prosa und Essayistik einreichen. Der Uwe-Johnson-Preis würdigt deutschsprachige Autorinnen und Autoren, in deren Schaffen sich Bezugspunkte zu Johnsons Poetik finden und die heute mit ihren Texten ebenso unbestechlich und jenseits der »einfachen Wahrheiten« deutsche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft reflektieren.

Die Preisverleihung findet im September 2024 in Berlin statt. Im Rahmen der Uwe-Johnson-Tage in Neubrandenburg wird die Preisträgerin oder der Preisträger zudem vor einem breiten Publikum lesen. Eine weitere Lesung wird in Berlin stattfinden.

Vor zwei Jahren wurde der Uwe-Johnson-Preis Jenny Erpenbeck für ihren Roman »Kairos« zugesprochen. Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern der letzten Jahre zählen Irina Liebmann (2020), Ralf Rothmann (2018), Jan Koneffke (2016), Lutz Seiler (2014), Christoph Hein (2012), Christa Wolf (2010) und Uwe Tellkamp (2008).

Seit 30 Jahren wird der Uwe-Johnson-Preis verliehen. Erstmals wurde der Uwe-Johnson-Preis 1994 verliehen; Kurt Drawert (1994), Walter Kempowski (1995) und Marcel Beyer (1997) gehören zu den ersten Preisträgern. Der mit 20.000 Euro dotierte Uwe-Johnson-Preis wird von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und der Berliner Kanzlei Gentz und Partner im jährlichen Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis vergeben. Der mit 5.000 Euro Preisgeld ausgelobte Uwe-Johnson-Förderpreis würdigt herausragende Debütromane. 2023 wurde Domenico Müllensiefen für seinen Roman »Aus unseren Feuern« ausgezeichnet.

Vorschläge können bis zum 1. März 2024 bei der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V., 2. Ringstraße 21, 17033 Neubrandenburg eingereicht werden.

Programm der Uwe Johnson-Tage 2023

Die UWE JOHNSON-TAGE 2023 finden vom 18. September bis zum 30. November statt.

Wir laden Sie herzlich ein zur Veranstaltungsreihe der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. und der Barlachstadt Güstrow gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und der Gentz und Partner Rechtsanwälte Steuerberaterin mbB.

PROGRAMM (hier als PDF abrufbar)

Montag, 18. September 2023, 19.00 Uhr – Stadtarchiv, Marktplatz 1 (Eingang Darrenstraße), 17033 Neubrandenburg

Eröffnung der Uwe-Johnson-Tage 2023 durch Prof. Dr. Carsten Gansel, Mecklenburgische Literaturgesellschaft e.V., und Dr. Tilmann Wesolowski, Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow

„Kairos“ – Lesung und Gespräch mit Jenny Erpenbeck, Uwe Johnson-Preisträgerin 2022

Moderation: Dr. Gundula Engelhard

 

Dienstag, 19. September 2023, 19.30 Uhr – Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow, Am Wall 2, 18273 Güstrow

 „Kairos“ – Lesung und Gespräch mit Jenny Erpenbeck, Uwe Johnson-Preisträgerin 2022

Moderation: Dr. Tilmann Wesolowski

„Aus der Erzählgegenwart geht die Protagonistin zurück in das Jahr 1986, mithin in die Endphase der DDR. Über das Erinnern entsteht eine Art Prosanetz, in dem die Geschichte einer großen Liebe zwischen Euphorie, Enttäuschung und zunehmendem psychologischen Druck erzählt wird. Jenny Erpenbeck gelingt eine nahtlose Verbindung von Privatem und Öffentlichem, die zur Folie für einen Roman wird, der sowohl die Ideale des Beginns in den Blick bekommt wie auch das Scheitern des Staates. Dies erkundet die Autorin mit einer Sensibilität, die in der Tradition des Schreibens von Uwe Johnson steht.“ (aus der Begründung der Jury)

Jenny Erpenbeck, geboren 1967 in Ost-Berlin, debütierte 1999 mit der Novelle „Geschichte vom alten Kind“. Es folgten zahlreiche Veröffentlichungen, darunter Romane, Erzählungen und Theaterstücke. Ihr Roman „Aller Tage Abend“ wurde von Lesern und Kritik gleichermaßen gefeiert und vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Joseph-Breitbach-Preis. Für „Gehen, ging, gegangen“ erhielt sie u. a. den Thomas-Mann-Preis. 2023 ist ihr Werk mit dem Internationalen Stefan-Heym-Preis gewürdigt worden.

 

Donnerstag, 21. September 2023, 19.30 Uhr – Uwe Johnson-Bibliothek Güstrow, Am Wall 2, 18273 Güstrow

„Gehen und Bleiben“ – Ein Film von Volker Koepp

Filmvorführung und Gespräch mit dem Regisseur Volker Koepp und der Filmautorin Barbara Frankenstein

Moderation: Dr. Tilmann Wesolowski und Dr. Gundula Engelhard

Motive des Gehens und Bleibens und die Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte durchziehen das Werk von Uwe Johnson (1934-1984), mit dessen Texten Volker Koepp in die biografischen und literarischen Gegenden des Schriftstellers reist. Etwa in die Fluss- und Seenlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns zwischen Anklam und Güstrow und den nordöstlichen Zipfel Mecklenburgs, den Klützer Winkel oder auf das Fischland an der Ostsee bei Ahrenshoop. Hier begegnet er Menschen in ihrem gegenwärtigen Leben. Sie erzählen von ihren Erinnerungen, vom Gehen und Bleiben, vom Ausharren an den Orten der Herkunft, vom Fortziehen und auch von Uwe Johnson.

 

Freitag, 22. September 2023, 19.00 Uhr – Schauspielhaus / Probebühne, Pfaffenstraße 22, 17033 Neubrandenburg

Verleihung des Uwe Johnson-Förderpreises an Domenico Müllensiefen für seinen Roman „Aus unseren Feuern“

Laudatio: Prof. Dr. Dirk Oschmann, Germanist und Publizist, Universität Leipzig

Lesung und Gespräch mit dem Preisträger – Moderation: Dr. Gundula Engelhard

 

Montag, 25. September 2023, 19.00 Uhr – Regionalbibliothek, Marktplatz 1, 17033 Neubrandenburg

„Die Farben der Kindheit“ – Die Bücherkinder Brandenburg lesen, schreiben und illustrieren Franz Fühmann, Christa Wolf, Jurek Becker und Günter Grass

Vortrag und Gespräch mit Christine Becker und Armin Schubert

2007 begann Armin Schubert, mit Kindern freie Geschichten zu schreiben und zu illustrieren. Seither ist eine Reihe von Büchern entstanden. Der Mentor der Bücherkinder Brandenburg und Christine Becker, Autorin und Herausgeberin, präsentieren das Ende 2022 erschienene Buch „Die Farben der Kindheit“ zu Werken und Leben der vier Literaten. An ausgewählten Texten von 11- bis 12jährigen werden die praktische Arbeit mit den Bücherkindern, die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse sowie die Bezüge zu den literarischen Quellen dargestellt.

 

Donnerstag, 28. September 2023, 19.00 Uhr – Regionalbibliothek, Marktplatz 1, 17033 Neubrandenburg

TurmalinTheater: Kafka oder Das Zögern vor der Geburt

Stationen einer dramatischen Biographie ziehen am Zuschauer vorüber: Cornelia Gutermann-Bauer – in der Rolle des Franz Kafka – zeigt Episoden eines Lebensdramas. Einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts erforscht in beispielhafter Allgemeingültigkeit zentrale Probleme des modernen Menschen.

Günter Bauers Bühnenstück mit Texten aus den Tagebüchern, den Briefen und dem erzählerischen Werk, zeigt das Leben des Schriftstellers Franz Kafka mit dessen ureigensten Mittel, dem Kafkaesken. Den immer wiederkehrenden Motiven der Angst und der Macht des Selbstzweifels, stehen Texte mit Witz und Ironie gegenüber, die mehr sind als nur Hoffnungsschimmer.

 

Dienstag, 17. Oktober 2023, 19.30 Uhr – Kunstsammlung, Große Wollweberstraße 24, 17033 Neubrandenburg

„Clemens Meyer über Christa Wolf“ – Lesung und Gespräch mit Clemens Meyer

Moderation: Prof. Dr. Carsten Gansel

Clemens Meyer, der bereits mit dem Roman „Als wir träumten“ (2006) zu einem der wichtigsten Autoren geworden ist, unternimmt eine Reise in ein versunkenes Land, die DDR. Er betrachtet eine Büste von Christa Wolf, die vor ihm steht. Der Blick auf die Autorin wird zum Ausgangspunkt für ein Gespräch über die DDR und ihre Literatur. Es geht um Visionen und Träume, die in diesem Land gewachsen sind und was aus ihnen wurde. Clemens Meyer erzählt, so heißt es, „in einem inneren Dialog mit Christa Wolf die Geschichte der Utopien in der Literatur. Und damit auch eine eigenwillige, subjektive, emphatische Geschichte der DDR-Literatur. Wie wurde er selbst zu dem, der er ist? Und wie wurde in den Jahren nach dem Mauerfall eine ganze Epoche der deutschen Literatur von Kritikern abgeräumt und dann von Publikum und Lesern beinahe vergessen? Eine Suche nach Antworten. Und ein eindringliches Bekenntnis zu einer großen Schriftstellerin.“

 

Donnerstag, 19. Oktober 2023, 19.00 Uhr – Stadtarchiv, Marktplatz 1 (Eingang Darrenstraße), 17033 Neubrandenburg

„sommerschaums ernte“ und unveröffentlichte Prosa – Lesung und Gespräch mit Kathrin Schmidt

Moderation: Dr. Gundula Engelhard

Die Gedichte in „sommerschaums ernte“ sprechen vom Älterwerden, von Abschieden, von der Vergänglichkeit – mit Lebensliebe, Klugheit und scharfem Humor. Der Band erschien 2020, im selben Jahr zog die Autorin vor der Drucklegung einen fertigen Roman zurück. Ein Dresdner Fund ermöglichte, den Roman wieder aufzunehmen und anders zu erzählen.

Kathrin Schmidt, geboren 1958 in Gotha, arbeitete als Diplompsychologin, Redakteurin und Sozialwissenschaft­lerin. Seit den 1980er Jahren als Lyrikerin bekannt, wandte sie sich ab 1994 als freie Schriftstellerin auch der Prosa zu. Für ihre Romane und Gedichte erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Leonce-und-Lena-Preis sowie den Deutschen Buchpreis. 2021 war sie Dresdner Stadtschreiberin. Kathrin Schmidt lebt in Berlin.

 

Donnerstag, 23. November 2023, 19.00 Uhr – Stadtarchiv, Marktplatz 1 (Eingang Darrenstraße), 17033 Neubrandenburg

„Trotzig lächeln und das Weltall streicheln“ – Lesung und Gespräch mit Lutz Rathenow

Moderation: Prof. Dr. Carsten Gansel

Pünktlich zu seinem 70. Geburtstag legt der bedeutende DDR-Oppositionelle seinen literarischen Lebenslauf vor. Von der frühen Kindheit bis in hohe politische Ämter erzählt Rathenow von einem Leben zwischen Kunst und Politik. Mal magisch, mal realistisch, stets liebevoll.

Schule, Familie, erste Eifersucht. Das Meer, das All, die Mittagsstunde. Janis Joplin, Michail Gorbatschow, Harald Hauswald. Die Wende, das Kino, die Ameisen im Garten. – Lutz Rathenows Leben fügt sich zu einem farbigen Kaleidoskop aus Erzählungen, Dialogen, Reportagen und Tagebuch-Notaten zusammen. Sein Blick auf rassistische Ressentiments, unaufgearbeitete DDR-Prägungen, enttäuschte West-Projektionen und ihr Wegreden im Alltag ist scharf. Seine Erinnerungen an Weggefährten sind freundschaftlich, skeptisch und innig. Seine starken Heldinnen verblüffen ebenso wie die rasanten Ortswechsel zwischen Jena, Berlin oder Montevideo.

 

Donnerstag, 30. November 2023, 19.00 Uhr – Stadtarchiv, Marktplatz 1 (Eingang Darrenstraße), 17033 Neubrandenburg

„Die DDR und ihr mediales Erbe“ – Lesung und Gespräch mit Prof. Dr. Michael Meyen

Moderation: Prof. Dr. Carsten Gansel

In der neuen Diskussion um das Verhältnis zwischen dem „Osten“ und dem „Westen“ der Bundesrepublik spielen die Prägungen hier wie da eine nicht geringe Rolle. Der Medienforscher Michael Meyen ist zusammen mit Bianca Kellner-Zotz der Frage nachgegangen, was Medienakteure mit DDR-Sozialisation auszeichnet. „Wählen sie andere Themen, andere Begriffe, andere Ausdrucksmittel oder gibt es keine Unterschiede mehr zwischen Ost und West?“, das ist eine der Fragen, die in dem großen Projekt „Das mediale Erbe der DDR“ gestellt wurde. Die einfache Antwort nach Interviews mit 20 Persönlichkeiten aus den Medien lautet: Ja! „Ostdeutsche Autoren, Musiker oder Kabarettisten haben einen anderen Blick auf die Gegenwart als ihre westdeutschen Kollegen.“ Aber was folgt daraus für die Gegenwart? Die Gespräche u.a. mit Steffen Mensching, Vera Lengsfeld, André Herzberg oder Anna-Kathrin Gummich geben darüber Auskunft.

Michael Meyen ist seit 2002 Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU München, gehört zu den profilierten Medienforschern und er wirft einen kritisch-analytischen Blick auf die deutsche wie die internationale Medienlandschaft.

 

Die Mecklenburgische Literaturgesellschaft und die Barlachstadt Güstrow danken dem Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Mecklenburg-Vorpommern, dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, dem Kulturamt der Stadt Neubrandenburg, dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und Gentz und Partner Rechtsanwälte Steuerberaterin mbB für die Förderung der Uwe-Johnson-Tage.

 

Vorbestellung/Information:

MECKLENBURGISCHE LITERATURGESELLSCHAFT e.V.
Dr. Gundula Engelhard
2. Ringstraße  /  Wiekhaus 21  /  17033 Neubrandenburg
Telefon: 0395 544 16 71
E-Mail: pegasus-mlg@gmx.de

UWE JOHNSON-BIBLIOTHEK BARLACHSTADT GÜSTROW
Dr. Tilmann Wesolowski
Am Wall 2  /  18273 Güstrow
Telefon: 03843 76 94 65
E-Mail: uwe-johnson-bibliothek@guestrow.de

 

Prof. Dr. Carsten Gansel
Vorsitzender Mecklenburgische Literaturgesellschaft e.V.

Arne Schuldt
Bürgermeister der Barlachstadt Güstrow

Markus Frank
Gentz und Partner Rechtsanwälte Steuerberaterin mbB

Katrin Raczynski
Vorstand des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg KdöR

Domenico Müllensiefen erhält den Uwe-Johnson-Förderpreis 2023

Der mit 5.000 Euro dotierte Uwe-Johnson-Förderpreis 2023 wird Domenico Müllensiefen für seinen Roman »Aus unseren Feuern« (Kanon Verlag) verliehen. Die sechsköpfige Jury wählte aus einer Vielzahl an eingesandten Debüts aus den Bereichen Prosa und Essayistik den diesjährigen Preisträger aus. Die feierliche Preisverleihung findet im Rahmen der Uwe-Johnson-Tage am 22. September 2023 im Schauspielhaus Neubrandenburg statt.

Die Jury begründet ihre Entscheidung folgendermaßen:
»Mit Domenico Müllensiefens Aus unseren Feuern liegt ein Debütroman vor, der Staunen macht: Mit der Romanform weiß er in allen Belangen umzugehen: Aufbau, Spannungsführung, Rhythmus, Komposition. Die Simultantechnik, die er für seine zwei Zeitebenen braucht, beherrscht er souverän und schafft einen beeindruckenden Erzähl-Raum. Der Autor schreibt, als würde er lange schon nichts anderes tun: So souverän ist sein Erzählen, so dicht folgt er seinen Figuren, so präzise sind seine Schilderungen der Arbeitswelt ob auf Elektromontage, in einem Schlachtbetrieb und nicht zuletzt in einem Bestattungsinstitut, dem Arbeitsplatz des Erzählers. Abgesehen davon, dass sich in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur derart überzeugende Schilderungen der Arbeitswelt nur in Ausnahmen finden, stellt sich bereits hier ein Bezug zu Uwe Johnson her. Die Wahl seiner ›Personen‹ in den Romanepos ›Jahrestage‹ hatte der nämlich so begründet. ›Ich bin überzeugt“ so Johnson, ›dass die ›einfachen Leute‘ das erheblichere Beispiel abgeben für Lebensverhältnisse in unserer Zeit, nicht allein wegen ihrer Überzahl, auch nicht nur, weil sie in der Verteilung des Nationaleinkommens jenseits allen gerechten Verhältnissen benachteiligt sind; insbesondere, weil sie jede Verschlechterung der Lage unerbittlich ausbaden müssen, ihre Schwierigkeiten mit dem schärfsten Risiko überwinden müssen, ohne das Geldreserven sie auffangen und Privilegien sie schützen‹. Genau mit diesen Verhältnissen und den entsprechenden Problemlagen sehen sich die Protagonisten in Domenico Müllensiefens Roman konfrontiert. Mit schrägem Witz, mit Empathie für einen Unglücksraben und einer dubiosen Krimispur zeigt er, was die Transformation der ostdeutschen Gesellschaft nach ›Wende‹ und Wiedervereinigung für die in Leipzig und Umgebung bedeutete haben. Dabei ist die Geschichte auf zwei Ebenen erzählt, von der Gegenwartsebene im Jahr 2014 wird vom Ich-Erzähler Heiko unvermittelt in die Vergangenheit der Nullerjahre zurückgegangen. Wie bei Uwe Johnson spielt mithin das ›Prinzip Erinnerung‹ eine gewichtige Rolle. In der erinnerten Zeit halten die Protagonisten Heiko, Thomas und Karsten sich für unsterblich  – aber niemand gibt ihnen eine Perspektive und erlöst sie von der Langeweile. Was für die jungen Leute gilt, das trifft noch mehr für die Elterngeneration zu, die aus einer ›arbeiterlichen Gesellschaft‹ in eine kapitalistische mit anderen Maximen katapultiert wird. Domenico Müllensiefen gehört der Generation seiner Protagonisten an, doch braucht er keine Schlagworte für Jugendgewalt und Wut, für die schwindenden Gewissheiten der Erwachsenen oder westdeutsche Karrieren im Osten. Er verwandelt das alles in Literatur, erzählt davon anhand der Entwicklung einer Freundschaft zwischen drei Jungen, die zu Männern werden, und deren Wege sich trennen. So hat er die Jury von seinem Debütroman überzeugt.«

Der Jury gehören an: Gundula Engelhard (Geschäftsführerin der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft), Carsten Gansel (Professor für Neuere deutsche Literatur und Germanistische Literatur- und Mediendidaktik an der Universität Gießen; Sprecher der Jury), Cornelia Geißler (Literaturredakteurin der Berliner Zeitung), Michael Hametner (ehemals leitender Literaturredakteur und Moderator bei MDR FIGARO), Kathrin Matern (Kulturjournalistin für den NDR) und René Strien (ehemaliger Geschäftsführer des Aufbau Verlages und seit 2018 Geschäftsführer des OKAPI Verlages Berlin).

Für den Uwe-Johnson-Förderpreis konnten Autorinnen und Autoren oder deren Verlage bis zum 1. März 2023 seit Anfang April 2021 veröffentlichte oder noch unveröffentlichte Arbeiten aus den Bereichen Prosa und Essayistik einreichen. Der Förderpreis würdigt herausragende literarische Erstlingswerke, in denen sich Anknüpfungspunkte zur Poetik Uwe Johnsons finden und deren Blickwinkel unbestechlich und jenseits »einfacher Wahrheiten« auf die deutsche Geschichte, Gegenwart und Zukunft gerichtet ist.

2005 wurde der Uwe-Johnson-Förderpreis erstmals verliehen. Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger sind Arno Orzessek (2005), Emma Braslavsky (2007), Thomas Pletzinger (2009), Judith Zander (2011), Matthias Senkel (2013), Mirna Funk (2015), Shida Bazyar (2017), Kenah Cusanit (2019) und Benjamin Quaderer (2021).

Der mit 5.000 Euro dotierte Uwe-Johnson-Förderpreis wird von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. in Neubrandenburg gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und der Berliner Kanzlei Gentz und Partner im jährlichen Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Literaturpreis vergeben.

Ausschreibung für den Uwe-Johnson-Förderpreis 2023 startet

Für den mit 5.000 Euro dotierten Uwe-Johnson-Förderpreis können Autorinnen und Autoren oder deren Verlage noch unveröffentlichte oder seit April 2021 veröffentlichte Debüts aus dem Bereich Prosa und Essayistik einreichen. Einsendeschluss ist der 1. März 2023. Der Förderpreis zeichnet herausragende literarische Erstlingswerke aus, in denen sich Anknüpfungspunkte zur Poetik Johnsons finden und deren Blickwinkel unbestechlich und jenseits „einfacher Wahrheiten“ auf die deutsche Geschichte, Gegenwart und Zukunft gerichtet ist. Nach Sichtung aller eingegangenen Texte gibt die Jury am 20. Juli 2023 die Preisträgerin oder den Preisträger bekannt. Die Preisverleihung findet am 22. September 2023 im Schauspielhaus Neubrandenburg statt.

Der Uwe-Johnson-Förderpreis würdigt herausragende Debüts und wird von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. in Neubrandenburg gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Deutschlands, Landesverband Berlin-Brandenburg, und der Berliner Kanzlei Gentz und Partner im jährlichen Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Literaturpreis vergeben. Erstmals wurde der Uwe-Johnson-Förderpreis 2005 an den Schriftsteller Arno Orzessek verliehen. Weitere Preisträgerinnen und Preisträger sind: Emma Braslavsky (2007), Thomas Pletzinger (2009), Judith Zander (2011), Matthias Senkel (2013), Mirna Funk (2015), Shida Bazyar (2017), Kenah Cusanit (2019) und Benjamin Quaderer (2021).

Vorschläge können bis zum 1. März 2023 bei der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V., 2. Ringstraße 21, 17033 Neubrandenburg eingereicht werden.