Die Begründung der Jury
Der Uwe-Johnson-Preis 1994 wird an den Autor Kurt Drawert für seinen Roman „Spiegelland. Ein deutscher Monolog“ vergeben.
In seinem ersten Prosawerk erkundet der Autor durch eine kunstvolle Mischung von Erzählung und Reflexion seine eigene Geschichte und die der untergegangenen DDR. Dadurch verhilft sein Monolog dem Vergangenen zur Gegenwärtigkeit vor allem in seiner Auseinandersetzung mit der Biographien bestimmenden deformierten Sprache.
Auf diese Weise eignet Kurt Drawerts „Spiegelland“, indem es von einer vergangenen, aber noch längst nicht überwundenen Zeit erzählt, eine der für Uwe Johnson wichtigsten Dimensionen des Erzählens die des Erinnerns.
Zum Buch
Bereits in den Jahren 1990 und 1991 schrieb Kurt Drawert einen kurzen, furios aufwühlenden, sprachgewaltigen Roman, der sich mit dem Ende seines Heimatlandes auseinandersetzt. Für diesen vermutlich ersten bedeutenden Roman über das Ende der DDR wurde ihm der Uwe-Johnson Preis verliehen. Gewidmet ist das Buch Drawerts Söhnen „im Sinne einer Erklärung“. Es erzählt die Geschichte einer Vater-Sohn-Beziehung, die Drawert meisterhaft mit zeitgeschichtlichen Ereignissen verknüpft. Zum 25. Jubiläum des Mauerfalls wird dieses erste große literarische Zeugnis dieses Umbruchs neu herausgegeben. Der Band wird ergänzt um die Erzählungen der 90er Jahre, darunter „Haus ohne Menschen“, für das Drawert den Ingeborg-Bachmann Preis erhielt. Thematisch verbundene Essays wie „Polen, eine innere Reise“ und „Go, Trabi, go down“ bieten einen Blick auf die Jahre nach dem Fall der Mauer.
Zum Autor
Kurt Drawert wurde 1956 in Hennigsdorf geboren. Seine Kindheit verlebte er in Borgsdorf und Hohen-Neuendorf. Die Familie siedelte 1967 nach Dresden über. Berufsausbildung zum Facharbeiter für Elektronik. Das Abitur erwarb er später an der Abendschule. Dann folgten mehrere Anstellungen als Hilfsarbeiter. In diese Zeit fielen erste Schreibversuche.
Von 1982 bis 1985 studierte Drawert am Literaturinstitut in Leipzig und nahm dort seinen Wohnsitz. Er veröffentlichte erste Texte in Anthologien. Kurt Drawert ist verheiratet und hat zwei Söhne. Er lebt mit seiner Familie seit 1993 in Osterholz-Scharmbeck (Niedersachsen).
Erschienen sind von ihm u. a.: „Zweite Inventur“ (Gedichte, 1987), „Die Wärme die Kälte des Körpers des Andern“ (Liebesgedichte junger Autoren, 1988), „Privateigentum“ (Gedichte, 1989), „Spiegelland. Ein deutscher Monolog“ (1992), „Fraktur“ (Lyrik, Prosa, Essays, 1994). Mehrere Stipendien und Preise, darunter Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt (1993). Er ist Mitglied des P.E.N.-Zentrum Deutschland (West).